Ein Beitrag von Annette Jarosch
Neulich besuchte mich mein 15-jähriger Neffe. Ungelenk im Sessel fläzend, fragte er: „Echt – Texter sollten 90 € in der Stunde berechnen? Für so ein bisschen Schreiben?“ Bämm – das saß! Auf ein paar Sekunden Schockstarre folgten Erklärungsversuche, warum die Arbeit der Text-Profis im Texterverband „so viel“ wert ist:
1. Texter schaffen echten Mehrwert für Unternehmen.
Sie fassen das in die richtigen Worte, was Unternehmen besonders macht, und ihnen einen Wettbewerbsvorsprung verschafft. Für meinen Neffen eine entspannte Sache, müsse man sich doch nur anhören, was jemand so macht und das dann einfach schreiben. Ich klärte ihn auf: Unsere Aufgabe ist es, so zu texten, dass das Lesen nicht langweilt. Zudem soll der Text echten Erkenntnisgewinn bieten. Und: im Kopf bleiben soll er auch. Die Miene meines Neffen wurde nachdenklicher, als ich fragte, ob er glaubt, das sei z. B. bei zwei Unternehmen mit ähnlichen Produkten eine einfache Sache.
2. Werbetexter ist kein Ausbildungsberuf.
Kreativität und Ideen sind nur bedingt mess- und bewertbar. Alles, was wir schreiben, ist „Geschmackssache“. Dem einen gefällt´s, dem anderen nicht – wie Kunst, Filme oder Musik. Wichtigstes Handwerkszeug: korrekte Rechtschreibung, Grammatik und ein paar Schreibkniffe. Was wirklich gute Texter haben, sind – von mir geschätzte – 30 % Talent und 70 % Erfahrung. Im Texten wie im Umgang mit Kunden und deren individuellen Wünschen. Ohne das eine oder das andere klappt das nicht mit der Selbstständigkeit. Spätestens jetzt hatte ich die volle Aufmerksamkeit meines Neffen. Er verstand langsam, dass das, was oft so leicht aussieht, meist Schwerstarbeit fürs Hirn ist. Auf Sternstunden-Headlines oder überragende Markenclaims kommt man nicht einfach mal so! Es dauert, bis ein Text seine Leser begeistert – wobei wir wieder beim Mehrwert wären.
3. Abschließend noch eine Tatsache:
Das schafft nur eine Wortmaschine! Und dabei ist noch nicht berücksichtigt, dass der Texteralltag neben dem Schreiben auch aus Recherchieren, Abstimmen und Korrigieren besteht. Um das Ganze nachvollziehbarer zu machen: Bei 22 Arbeitstagen pro Monat wären pro Tag ca. 7.400 Wörter zu schreiben: Dieser Text hat knapp 500 Wörter. Täglich wären also 15 solcher Texte abzuliefern– ungefähr zwei in der Stunde. Eine Herkulesleistung, für die dann gerade mal der Mindestlohn rausspringt! Urlaub machen oder krank werden kann man sich da natürlich auch nicht leisten – weder zeitlich noch finanziell.
Das hat dann auch mein Neffe eingesehen, der nun doch über ein Praktikum im Handwerk nachdenkt.
Annette Jarosch
Kurz und Gut Werbetext
Informative Werbetexte sind oft gut und manchmal schön. Solche, die Ihre Kunden wirklich berühren, viel besser. Nur wenn das Kopfkino anspringt und im Bauch ein gutes Gefühl entsteht, machen Ihre Texte, was sie sollen: informieren, verführen, verkaufen.
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