Copy und KI: Texten zwischen Skepsis und Abenteuerlust

Copy und KI: Texten zwischen Skepsis und Abenteuerlust

11. September 2023
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ChatGPT, Neuroflash, Perplexity, Llama, Bard: Wenigstens gefühlt haben alle in der Textbranche ihren ersten Prompt geschrieben. Schon ab diesem Punkt teilt sich die Welt der Textprofis: Manche wenden sich schaudernd von KI-Text ab, während andere im Deep Dive sind. Bei unserem Online-Stammtisch „After Word“ Anfang September haben wir als Freelance-Texterinnen und -Texter Wissensstände in Sachen Künstlicher Intelligenz ausgelotet.

Präzise Prompts sind eine Kunst

Lustige Antworten der KI bringen oft Spaß. Doch wer die computergesteuerte Helferin nach dem Lacher für immer ausknipst, verpasst vielleicht ein wichtiges Tool, denn die KI kann beim Texten ein nützliches Handwerkszeug sein. Am besten funktioniert sie bisher als Sparringspartnerin beim ersten Brainstorming, Assistentin bei lästigen Aufgaben wie Gliedern, Zusammenfassen, Aussortieren und sogar beim Prompten selbst: Eine Vorgabe kann von der KI noch einmal sinnvoll präzisiert werden und danach viel bessere Ergebnisse bringen.

Die Richtung ändern kann Text-KI, wenn es um extreme Stilwechsel geht: „Sprich wie eine Anwältin” oder „Bitte mach daraus eine Fußballreportage“ sind Beispiele für Prompts, die bei anderen funktioniert haben. Spannend übrigens: Die meisten in unserer Verbandsrunde reden mit der KI sehr höflich, sagen freundlich bitte und danke. Ein weiterer Tipp ist, mit AI-Tools sehr einfach zu sprechen, etwa wie mit einem Kind. 

Roboterhand schreibt mit einem Stift auf einem Zettel. Symbol für KI-Text.
Schon mal gesehen? KI wiederholt sich gern selbst und scheint stilistische Trends zu verstärken.

Geile Headlines können wir besser

Sollte die Textbranche sich Sorgen machen, wenn jetzt „Maschinen-Text” kommt? Kurzgefasst lässt sich sagen: KI kann ganz schön viel, ist allerdings (noch) selbstreferenziell. Wer das beim Lesen von KI-Text nicht so schnell bemerkt, erkennt es häufig bei den Werken von Bild-KI. Aktuell ähneln die meisten Bilder der künstlichen Intelligenz einander, unterliegen beliebten Trends. Das kann auch bei Texten passieren. Richtig übel wird es bei sexuellen oder rassistischen Stereotypen, wenn z.B. bestimmte Aufgaben oder Jobs einem Geschlecht oder einer Optik zugeordnet werden. Banal schlecht ist es, wenn die Sätze immer länger werden, der Nominalstil regiert, Anschlüsse und Relativpronomen grammatikalisch oder stilistisch nicht stimmen. Gendern klappt meist nicht.

Bei Slogans und Claims klaut die KI nach Erfahrung der Text-Kolleg:innen übrigens gnadenlos. Wer da nicht aufpasst, beherrscht das Werkzeug nicht. Sobald Konzept oder Text kreativ und wegweisend werden sollen und Unique Content gefragt ist, arbeiten Menschen besser als Maschinen.

Texter:innen haben das letzte Wort

Wir professionellen Texterinnen und Texter sind die Chefetage, wenn es um Text-KI geht. Vielleicht können wir für unsere Kund:innen mit KI-Hilfe passende Personas oder Prompt-Guidelines erstellen. Wir sollten ihr aber niemals den letzten Schliff überlassen. Die KI erzählt Unsinn, arbeitet nicht rechtssicher, denkt sich im Zweifel auch etwas aus. Wer z.B. Geheimhaltungsvereinbarungen bei Unternehmen unterschreibt, sollte deren Material nur vertraglich abgesichert in eine KI einlaufen lassen. Ja, mit direktem Internetzugriff funktioniert die Quellenrecherche deutlich besser – das Ausspionieren von Texten allerdings auch.

Um zielgerichtet mit der KI zu arbeiten, müssen wir viel wissen, denn sie sinnvoll zu benutzen, bedeutet einen großen Aufwand. Hallo Controlling, hör hier gut zu: Qualitativ hochwertige Texte, die mit KI-Unterstützung entstanden sind, werden nicht billiger. Dein Textprofi hat nur ein modernes Werkzeug unter vielen eingesetzt.

KI-Text ist so eine Sache – auf alle Fälle muss man ihn gut überprüfen.

KI für alles außer Text?

Wir sind nicht branchenblind, sondern neugierig: Bei anderen Gewerken haben viele von uns große Lust, es mit KI zu probieren. Bilder generieren, Kostenvoranschläge erstellen, Daten sortieren, hilfsweise übersetzen, Audios und Animationen produzieren, HTML-Code schreiben … oft sind Text-Freelancer:innen für deutlich mehr als Copy zuständig. Grafiken und selbst-gepromptete Illustrationen für Blogartikel oder Social Media sind klare Bedarfsartikel. Als Berufsverband Text und Konzept gilt für uns allerdings auch hier: Nichts ohne Profiprüfung rausgeben und sichergehen, dass die KI nicht dumpf plagiiert. Objektiv funktionieren soll es natürlich auch. Es gibt für alles Fachleute, und das hat gute Gründe. Einer davon ist schlicht: Schönheit. 

Wo lerne ich KI-Texten?

KI-Fortbildungen ploppen hoch wie Popcorn im Topf. Ob ein KI-Textkurs dann allerdings knuspert oder labberig ist, weiß man oft erst hinterher. Fragen hilft; wir haben es beim After Word gemacht. Wenn es um Texten mit Niveau geht, dünnt sich das sinnvolle Angebot demnach schnell aus. Christa Goede arbeitet proaktiv mit KI und probiert gründlich; sie hat gleich einige Kurse getestet und empfiehlt Stand September 2023 besonders das Angebot von Ania Dornheim. Allgemein einig waren sich alle über die Qualität des Feeds von Jens Polomski auf LinkedIn, wenn es generell um KI geht.

Einen Midjourney-Kurs speziell für Texter*innen und Konzeptioner*innen bietet die Hamburg School of Ideas z.B. im Oktober ’23 an. Mehrere aus dem Berufsverband haben außerdem am KI-Text-Kurs „KI und Empathie“ teilgenommen. Das ist laut Christa ein interessanter Workshop für alle, die mit KI starten wollen – und gleichzeitig tiefe Einblicke in die Funktionsweisen der Sprachmodelle bekommen möchten. (💛 Unsere Mitglieder bekommen bei der HSoI 10 % Rabatt. 💛)

KI – aber fair!

Die vom Berufsverband Text und Konzept angestoßene Kampagne „KI – aber fair” läuft weiter, der Start zusammen mit anderen Verbänden war wichtig. Im Augenblick beobachten wir im Bereich Rechtssicherheit und Urheberrecht gespannt die Initiative Urheberrecht, der wir uns als Verband der Kreativbranche ebenfalls angeschlossen haben. Da geht es um die Förderung kreativer Arbeit, um Darlegungspflichten, Opt-out-Möglichkeiten, Transparenz und Vergütungssysteme: alles wichtige Themen, die im Bundestag und EU-Parlament behandelt werden müssen.

Nur eine Frage an ChatGPT.

Ein Blick auf europäische KI-Lösungen lohnt, wenn es um Datensicherheit geht: In der After-Word-Runde wurden OpenGPT-X und Leam.ai erwähnt. In diesem Zusammenhang auch interessant: t3n erklärt in einem Artikel, warum Small Language Models, also kleine Modelle mit beschränkten Datenquellen, viel besser funktionieren können.

Das After-Word-Fazit zu Textbranche und KI: 

Wir müssen und wollen uns als Textprofis mit KI auseinandersetzen. Wir möchten Werkzeuge für KI-Text mitentwickeln und Input geben – für Qualität, ethische Regeln, Kontrollen, Rechtssicherheit. In allen Berufsgebieten, die mit KI arbeiten, müssen Fachleute aus der jeweiligen Branche das letzte Wort haben. Für uns Texterinnen und Texter mit Qualitätsanspruch heißt das: Wir stehen für guten Text.

 


Besonderer Dank für die Inhalte dieses Blogartikels geht an Ronny Weise für seinen umfassenden KI-Text-Tool-Vortrag, Christa Goede für ihren Input in Sachen KI-Text und Zukunft sowie Annette Jarosch für ihr Engagement bei „KI – aber fair”. Und natürlich an alle Texterinnen und Texter beim After Word, die ihre Erfahrungen offen geteilt haben. Britta Freith hat das Wesentliche in diesem Blogartikel zusammengetragen.

Verbandsintern planen wir eine textfokussierte Arbeitsrunde, damit sich die KI-Profis unter uns Textys auf hohem Niveau austauschen können.

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